Die Heilige Schrift neu entdeckt
Bischöfe und Bischöfin beschlossen das "Jahr der Bibel" im Hildesheimer Dom
Hildesheim (bph) Mit einer ökumenischen Vesper ist am Sonntagabend im Hildesheimer Dom für die Christen des Bistums Hildesheim und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirchen von Hannover und Braunschweig das "Jahr der Bibel" zu Ende gegangen. Neben Bischof Dr. Josef Homeyer standen auch Bischöfin Dr. Margot Käßmann aus Hannover und Bischof Dr. Friedrich Weber aus Braunschweig am Altar des Doms, der bis auf den letzten Platz gefüllt war.
Die Bibel sei das einende Element der verschiedenen christlichen Konfessionen, betonte Bischof Dr. Josef Homeyer in seinem Grußwort: "Wir, die historisch Getrennten, wir, die ursprünglich Geeinten, können auf der Basis der Bibel alle Menschen einladen". Muslime und Laizisten, Behinderte und Sterbende, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Ihnen allen verspreche die Heilige Schrift eine Zukunft, so der Bischof. Homeyer bezeichnete die Bibel als die "Grundlage des werdenden Europa" und spielte damit auf die Auseinandersetzung um einen Gottesbezug in der europäischen Verfassung an, für den sich das Oberhaupt des Hildesheimer Bistums seit langem sehr vehement einsetzt.
Dr. Margot Käßmann, Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, legte in ihrer Ansprache einen starken Akzent auf die Bibel als Wort Gottes, "das nicht tot ist, sondern lebendig zu uns spricht." Es gebe zwar vieles, was man nur schwer verstehen könne, so die Landesbischöfin weiter, dennoch sei der Mensch gefordert, sich mit der Bibel kreativ auseinander zu setzen. Die Bischöfin erinnerte an die "revolutionäre Tat" von Martin Luther, der die Bibel ins Deutsche übersetzt hatte. Durch weitere Übersetzungen in Tausende von Landesprachen sei die Bibel inzwischen zu einem international verbindenden Band geworden. "Überall auf der Welt kennen die Menschen die gleichen Geschichten".
Die Heilige Schrift setzt nach Ansicht von Dr. Friedrich Weber, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig, einen deutlichen Akzent gegen unerbittliche Naturgesetze. Während in der Natur oft nur der Starke überleben könne, fordere die Bibel den Einsatz für Alte, Kranke und Behinderte. "Das Gelingen einer menschlichen Gesellschaft hängt von der Bibel ab", sagte Weber in Hildesheim. Dann hätten Terror und Gewalt nicht das letzte Wort.
Ein Jahr lang haben sich in Deutschland Menschen sehr intensiv mit dem "Buch der Bücher" auseinandergesetzt. Daran erinnerten vier Damen und Herren, die stellvertretend für andere von Aktionen in den Landeskirchen und im Bistum Hildesheim berichteten. Marc Chagalls Lithographie-Zyklus zum Buch Exodus zum Beispiel stand im Zentrum der "Chagall-Wochen" in der St.-Martini-Kirche in Braunschweig. Diese Gemeinschaftsaktion der St.-Martini-Gemeinde mit der Jüdischen Gemeinde Braunschweigs und der Braunschweiger Bibelgesellschaft habe etwa 12.000 Besucher erreicht, erzählte Dr. Martina Kesten bei der Vesper in Hildesheim.
Rund 2.000 Menschen haben in der Landeshauptstadt ein Jahr lang verschiedene Passagen aus der Heiligen Schrift abgeschrieben. Nun soll diese "Hannover-Bibel" bis zum September nächsten Jahres als Buch gedruckt werden, kündigte Pastor Michael Wohlers aus Hannover an. Ein Schatzkästlein aus Bibelsprüchen, das durch die Dekanate des Bistums gewandert war, stellten Dr. Egbert Ballhorn und Lucia Martin vor. Und sie berichteten, was sie in den letzten zwölf Monaten von den Menschen am häufigsten hörten: "Wir haben in diesem Jahr die Bibel neu entdeckt!"
Unter dem Motto "Suchen. Und Finden. 2003. Das Jahr der Bibel" haben die christlichen Kirchen, die Deutsche Bibelgesellschaft (DBG), das Katholische Bibelwerk (KBW) sowie christliche Werke und Verbände das Bibeljahr 2003 veranstaltet. Die Initiative hatte das Ziel, Bewusstsein für die Bibel als Grundlage für Kultur und Gesellschaft in Deutschland zu schärfen.