Lebendige Gärten

Ein Wochenende für die Vielfalt in Duderstadt

Was ist das Besondere an Naturgärten? Warum sind sie so wichtig für die Artenvielfalt, aber auch für uns und wie können wir sie selbst schaffen und pflegen? Diesen und anderen Fragen gingen Interessierte in Theorie und Praxis am Wochenende vom 30. August bis 1. September im Ferienparadies Pferdeberg in Duderstadt nach. Eingeladen zu der Veranstaltung „Lebendige Gärten - Ein Wochenende für die Vielfalt“ hatte der Arbeitskreis Bewahrung der Schöpfung des Kolping Diözesanverbandes Hildesheim.

„Ein Naturgarten ist eine strukturreiche Landschaft im Kleinen“, führt die Biologin und Referentin Dr. Bettina Lange-Malecki die Teilnehmenden ins Thema ein. Wiesen und Stauden, Büsche und Bäume, Wasser und Sandflächen bilden ein Mosaik aus Lebensräumen für ganz unterschiedliche und vielfältige Pflanzen. Diese sind wiederum die Lebensgrundlage von Insekten wie Käfer, Zikaden oder Wildbienen. „Fehlen diese, dann fehlt nicht nur die Nahrungsgrundlage für Vögel und kleine Säugetiere, sondern auch viele unserer Nahrungspflanzen wie Obstbäume werden nicht mehr bestäubt.“  

Wie können wir aber nun diese strukturreichen Lebensräume schaffen? Auf dem weitläufigen Gelände des Ferienparadieses probieren die 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 1,5 und 72 Jahren dies nach dem theoretischen Input ganz praktisch unter freiem Himmel aus: Sie pflanzen Obstbäume und Beerensträucher und streuen Saatgut aus, um eine Blühwiese zu erweitern. Und Bettina Lange-Malecki spricht den Teilnehmenden zu: „Welche Pflanze zu welchem Boden passt, ist nicht immer vorhersehbar. Seien sie nicht enttäuscht, wenn nicht jeder Samen angeht, experimentieren Sie!“

Der nächste Praxisort ist der ökologische Lehrgarten von Duderstadt. Lothar Dinges hat hier in einem ehrenamtlichen Team über Jahre hinweg eine Naturoase erschaffen, die vor allem Schülerinnen und Schüler an eine naturgemäße Lebensweise heranführen will. „Der Garten soll in erster Linie Spaß machen und nicht zum Leistungssport werden“, betont der ehemalige Förderschullehrer. In seinem Garten bestaunen die Kolpingschwestern und -brüder, was alles entstehen kann, wenn man Gartenarbeit entspannt angeht, ausprobiert und wachsen lässt: Auf dem Areal mit Fachwerkhäuschen und Totholzhecke, Brunnen und Obstbäumen, Büschen und Teich, aber auch mit Trampolin und Blühwiese finden nicht nur Fledermäuse, Glühwürmchen, Libellen oder Igel ein Refugium, sondern auch Kinder und Jugendliche. „Hier kommen sie runter, können ihre Stärken ausleben und Selbstvertrauen fassen – viel besser als dies im Klassenzimmer möglich ist“, sagt Lothar Dinges zum Konzept.

Am letzten Tagungsmorgen steht dann auch noch der Bienenbus der Heinz-Sielmann-Stiftung auf dem Pferdeberg. Mit ihm sind Nele Mellin und Elisabeth Goldmann gekommen, um mit den Workshopteilnehmern und -teilnehmerinnen eine große Nisthilfe zu bauen. Zuvor hatten die Kolpingschwestern und -brüder bereits Freiflächen an einem Hügel geschaffen. Denn rund 70 Prozent der Wildbienen sind Bodenbrüter und benötigen nichtbewachsene Sand- und Lehmflächen, um ihre Eier ablegen zu können. Nun hallt Hämmern, Sägen und Bohren über die Wiese, bis dann drei Stunden später ein etwa 1,70 Meter hohes, halboffenes Häuschen neben den Obstbäumen und der Blühwiese errichtet ist. In ihm sind angebohrte Stämme, Lehm und Schilfbündel aufgeschichtet. Wildbienen, die nicht im Boden brüten, können ab jetzt ihre Eier und Pollen in den Röhren ablegen und diese mit Lehm verschließen. Im Idealfall schlüpft dann nach jedem Winter eine neue Wildbienengeneration, die an den Pflanzen in der Nachbarschaft gleich ihre Nahrung findet.  

„Der Natur etwas Gutes tun – so macht Gartenarbeit tatsächlich Spaß“, resümiert eine Teilnehmerin am Ende der zwei Tage in Duderstadt. Das passt sehr gut zu jener Ermunterung, die Papst Franziskus zum Beginn der Schöpfungszeit am 1. September formuliert hat und die während des Abendlobes am Samstag verlesen wurde: Unser Leben so zu führen, als sei es ein Liebeslied für die Schöpfung.

Dirk Preuß