Bischofsgruft des Hildesheimer Doms bleibt verschlossen
Die in der Gruft bestatteten Bischöfe werden nicht umgebettet
Die in der Bischofsgruft des Hildesheimer Doms bestatteten Bischöfe bleiben an diesem Ort. Die Bischofsgruft wird künftig nicht mehr öffentlich zugänglich sein und nicht mehr als Begräbnisstätte für Hildesheimer Bischöfe dienen.
Den Angehörigen der Bischöfe wird auf Anfrage der Zutritt weiterhin ermöglicht. Diese Entscheidung hat das Hildesheimer Domkapitel gemeinsam mit dem Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ getroffen. Damit verbunden ist auch der Entschluss, die Hildesheimer Bischöfe künftig auf dem Annenfriedhof zwischen den Kreuzgängen der Kathedrale zu bestatten.
Der Entscheidung vorausgegangen waren umfangreiche Beratungen mit unterschiedlichen Beteiligten. Dazu zählten Betroffene von sexualisierter Gewalt und Angehörige der Bischöfe, die in der Gruft bestattet sind, außerdem mehrere Gremien des Bistums Hildesheim (Diözesanpastoralrat, Priesterrat, Domkapitel). Dabei ging es besonders um die Frage, ob die sterblichen Überreste Bischof Heinrich Maria Janssens in der Bischofsgruft verbleiben sollen oder nicht. Neben Bischof Janssen sind in der Bischofsgruft die Bischöfe Joseph Godehard Machens und Dr. Josef Homeyer bestattet.
Eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2021 hat ergeben, dass es während der Amtszeit Bischof Janssens von 1957 bis 1982 eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in der Diözese gegeben hat. Darüber hinaus sind die Vorwürfe von fünf Betroffenen dokumentiert, die angeben, Bischof Janssen habe sexualisierte Gewalt an ihnen verübt.
Es gibt mehrere Gründe, die Bischof Wilmer und die Domkapitulare zur Entscheidung veranlasst haben, die Bischöfe in der Bischofsgruft zu belassen und diese dauerhaft zu verschließen: Zum einen soll die Totenruhe der in der Gruft bestatteten Bischöfe gewahrt werden. Zum anderen könnte eine Umbettung als Richterspruch über die Verstorbenen verstanden werden. Das soll vermieden werden.
Zugleich wird mit der Schließung deutlich, dass die Bischofsgruft kein Verehrungsort für verstorbene Bischöfe ist, sondern letztlich eine übliche Grabstelle neben weiteren Bestattungsorten in der Bischofskirche, an denen die sterblichen Überreste von Geistlichen ruhen, die bereits mehrere hundert Jahre oder länger verstorben sind. Mit der nun getroffenen Entscheidung wird auch dem Wunsch der Angehörigen der verstorbenen Bischöfe Rechnung getragen, die sich gegen eine Umbettung ausgesprochen hatten.
Ein Schild vor der verschlossenen Bischofsgruft wird darüber informieren, dass es gegen den verstorbenen Bischof Janssen Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gibt. Ein QR-Code auf dem Schild wird es Besucherinnen und Besuchern des Doms ermöglichen, digitale Informationen zur Lebensgeschichte der dort bestatteten Bischöfe und zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bistum Hildesheim abzurufen.
Dazu werden ausführliche Erläuterungen zum Machtmissbrauch unter der Verantwortung Janssens und den Tatvorwürfen gegen ihn gehören. Der Text wird in Abstimmung mit dem Betroffenenrat Nord veröffentlicht. Diese Informationsmöglichkeit gehört dann zu einer differenzierten Erinnerungskultur zum Thema der sexualisierten Gewalt, die im Bistum Hildesheim gegenwärtig entwickelt wird.
Der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ sagt:
„Wir schließen die Bischofsgruft dauerhaft, um damit deutlich zu machen, dass dieser Ort nicht dazu dient, die drei dort bestatteten Bischöfe des 20. Jahrhunderts in herausgehobener Art und Weise zu ehren. Kathedralen waren immer schon Orte des Gottesdienstes und zugleich Friedhöfe. Auch der Hildesheimer Dom ist im Laufe vieler Jahrhunderte immer wieder zur Grabstätte geworden – die Bischofsgruft ist eine von ihnen, nicht mehr und nicht weniger.
Wir belassen die drei in der Bischofsgruft bestatteten Bischöfe an ihrem Ort, um ihre Totenruhe nicht zu stören. Das gebietet unsere grundsätzliche Achtung vor den Verstorbenen, unabhängig davon, wie viel Schuld sie zu Lebzeiten auf sich geladen haben.
Zugleich müssen wir klar benennen, dass von fünf Menschen gravierende Tatvorwürfe gegen den verstorbenen Bischof Heinrich Maria Janssen erhoben worden sind und er während seiner Amtszeit Verbrechen der sexualisierten Gewalt durch Geistliche nicht unterbunden, sondern vertuscht hat.
Dieser Befund ist schrecklich, er gehört zur Biografie Bischof Heinrich Maria Janssens und zum düsteren Kapitel der sexualisierten Gewalt im Bistum Hildesheim. Daran zu erinnern, sich dessen immer wieder bewusst zu werden und alles dafür zu tun, diese Verbrechen in Zukunft zu verhindern, ist unsere Verantwortung in der Gegenwart.“
Domdechant und Weihbischof em. Heinz-Günter Bongartz sagt: „Viele Menschen haben dem Bischof und dem Domkapitel geschrieben, warum aus ihrer Sicht eine Umbettung der sterblichen Überreste von Bischof Janssen erfolgen oder nicht erfolgen soll. Es gab in dieser Frage kein einheitliches Bild. Für beide Positionen wurden Gründe angeführt. Es standen vehemente Ablehnung und vehemente Zustimmung einer Umbettung gegeneinander. Auch in den beteiligten Gremien ist mehrfach intensiv beraten worden. Die nun getroffene Entscheidung des Domkapitels in Übereinstimmung mit dem Bischof ist aus unserer Sicht ausgewogen. In ihr kommt zum Ausdruck, dass eine differenzierte Erinnerungskultur unbedingt erforderlich ist. Zugleich wird die Totenruhe respektiert.“